Keine zweimonatige Sperrfrist für Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen?

Mit der Entscheidung 2 Ob 36/23t begann der Oberste Gerichtshof Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen auf die Vereinbarkeit mit dem § 6 Abs 2 Z 4 KSchG zu prüfen. Der § 6 Abs 2 Z 4 KSchG statuiert eine Sperrfrist für die Entgelterhöhung innerhalb der ersten zwei Monate ab Vertragsabschluss.

Vor dieser Entscheidung wurde keine Wertsicherungsklausel in einem Mietvertrag auf die Vereinbarkeit mit dieser Bestimmung geprüft. Aufgrund dessen nahmen sehr viele Wertsicherungsklauseln keinerlei Bedacht auf die zweimonatige Sperrfrist. Beinahe alle Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen sahen sich daher mit der Unwirksamkeit der Bestimmung bedroht. Dies hätte zur Folge, dass zwar der Mietvertrag weiterbesteht, doch die Miete nicht mehr an die Inflation angepasst werden kann. Ist der Mietvertrag auf lange Zeit abgeschlossen, kann dies erhebliche und existenzbedrohende finanzielle Nachteile für den Vermieter haben. Im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes ist die Kündigung des Mietverhältnisses sehr schwer möglich.

Um diese schweren finanziellen Nachteile für die Immobilienwirtschaft abzuwenden, argumentierten viele Stimmen in der Lehre gegen die Anwendbarkeit und den Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG. Trotz dieser Kritik bestätigte der zweite und achte Senat des Obersten Gerichtshofs und der Verfassungsgerichtshof diese Rsp mehrmals.

Der zehnte Senat jedoch vollzog in der Entscheidung 10 Ob 15/25s eine Rechtsprechungsänderung und erklärte den § 6 Abs 2 Z 4 KSchG für Verträge nicht anwendbar, bei welchen die Leistung des Unternehmers nicht innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss vollständig zu erbringen ist. Nachdem es sich bei einem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt, welches typischerweise für einen längeren Zeitraum als zwei Monate besteht und erfüllt wird, ist die zweimonatige Sperrfrist nicht einschlägig.

Die Nichtanwendbarkeit der Bestimmung begründete der OGH mit dem Zweck des § 6 Abs 2 Z 4 KSchG, der darin liegt, den Verbraucher vor überraschenden Entgeltänderungen innerhalb der ersten zwei Monate zu bewahren. Ein Mieter habe jedoch kein Vertrauen auf einen unveränderlichen Mietzins und daher sei der Zweck der Norm gewahrt.

Nach dieser Rechtsprechungsänderung besteht somit in Bezug auf Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen keine Bindung an die zweimonatige Sperrfrist. In weiterer Folge kann eine Wertsicherung auch bereits innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss erfolgen.

 

Mag. Tim Greber