Für große Bauprojekte sind naturschutzrechtliche Bewilligungsverfahren eine zentrale Hürde. Insbesondere bei Großprojekten rückt die Bekämpfung dieser Projekte durch Umweltorganisationen immer mehr in den Fokus. In diesem Bereich gab es in den vergangenen Jahren, ausgelöst durch Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofs, umfassende Entwicklungen. Diese Rechtsfortbildung führt zu einer stetigen Ausweitung der Möglichkeit von Umweltorganisationen, in Wahrnehmung des Unionsumweltrechtes Bau- und Erweiterungsprojekte zu bekämpfen.
Die Aarhus-Konvention
Grundlage der Beteiligung von anerkannten Umweltorganisationen in naturschutzrechtlichen Verfahren ist die vor 17 Jahren von (ua) der EU und Österreich ratifizierten Aarhus-Konvention. In dieser Konvention wird zum Schutz der Umwelt der „betroffenen Öffentlichkeit“ – somit auch anerkannten Umweltorganisationen (UO) – Zugang zu Umweltinformationen, Beteiligung an Entscheidungsverfahren sowie der Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten eröffnet.
Der VwGH ging jedoch in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die Konvention keine unmittelbare Wirkung entfalte und daher keine subjektiven Rechte im Sinne des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts abzuleiten seien. UO hätten daher kein Recht auf Teilnahme an umweltrechtlichen Verfahren, sofern ihnen vom Gesetzgeber in den Materiengesetzen nicht ausdrücklich Parteistellung eingeräumt worden sei.
Rechtssache Protect und ihre Folgen
Dieser Rechtsprechung wurde jedoch im Jahr 2017 durch das Urteil des EuGH in der Rechtssache Protect (C-664/15) der Boden entzogen. Der EuGH sprach in diesem Urteil im Wesentlichen aus, dass einer UO nicht die Möglichkeit genommen werden dürfe, die Einhaltung des Unionsumweltrechts überprüfen zu lassen. Wenn das Bestehen einer Parteistellung zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels sei, so müsse der UO jedenfalls Parteistellung in umweltrelevanten Verfahren eingeräumt werden.
Aufgrund dieser Entscheidung hat der VwGH eine Judikaturwende vollzogen und mehrfach bei Vorhaben mit „potentiell erheblichen Umweltauswirkungen“ in einer unionsrechtskonformen Interpretation von verfahrensrechtlichen Bestimmungen (ua im UVP-G) die Parteistellung von UO festgestellt. Ebenso judizierte der VwGH nunmehr, dass UO im Rahmen des Schutzes von Unionsumweltrecht subjektive Rechte in Verfahren zukommen.
Der österreichische Gesetzgeber war durch die Rs Protect und die rechtsfortbildende Tätigkeit des VwGH in dieser Frage zum Handeln gezwungen. In vielen Materiengesetzen – sowohl auf Bundesebene (zB UVP-G, WRG, ForstG etc) als auch in den Naturschutzgesetzen der Länder – wurden UO Partei- und Anfechtungsrechte eingeräumt. Sowohl Bund als auch Länder haben im Rahmen der Novellen Übergangsbestimmungen erlassen, die eine zeitlich (meist auf ein Jahr) befristete rückwirkende Anfechtung früher ergangener Bewilligungen ermöglichen.