In Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1 zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts ins innerstaatliche Recht wurde am 26.4.2021 ein Entwurf des Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2021 (KaWeRÄG 2021) zur Begutachtung veröffentlicht. Ziel der Richtlinie ist primär die Stärkung der Unabhängigkeit und Ressourcenausstattung sowie die Erweiterung der Vollzugsbefugnisse der nationalen Wettbewerbsbehörden, die Harmonisierung der Kronzeugenprogramme der Mitgliedstaaten und die Regelung der Amtshilfe zwischen den Wettbewerbsbehörden. Über die Richtlinienvorgaben hinaus soll das österreichische Kartellrecht an die neueren Entwicklungen im Wirtschaftsleben angepasst, die Wettbewerbskommission gestärkt und die Entscheidungsgrundlagen für die Investitionskontrolle erweitert.
Konkret sieht der Ministerialentwurf des Bundesministeriums für Justiz und das Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort inhaltlich folgende Regelungen vor, die teilweise über die Vorgaben der Richtlinie hinaus gehen:
– Freistellung unternehmerischer Kooperationen zum Zweck einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft vom Kartellverbot: Der Entwurf erweitert die allgemeine Ausnahmebestimmung vom Kartellverbot in § 2 Abs 1 KartG 2005 dahingehend, dass eine Beteiligung der Verbraucher an Effizienzgewinnen immer dann anzunehmen ist, wenn diese Effizienzgewinne zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft beitragen.
– Aufnahme typischer Marktmachtkriterien der Plattformökonomie: Erweiterung der demonstrativen Aufzählung der Marktmachtkriterien in § 4 Abs 1 Z 2 KartG 2005 um einige typische Tatbestände der Plattformökonomie (insb Berücksichtigung von Intermediationsmacht, Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten und der aus Netzwerkeffekten gezogene Nutzen)
– Klarstellung, dass das Konzept der relativen Marktmacht in § 4 Abs. 3 KartG 2005 ein vom Konzept der absoluten Marktmacht unabhängiger Tatbestand ist, und Erweiterung der relativen Marktmacht. Ferner wird klargestellt, dass relative Marktmacht auch betreffend Dienstleistungen eine Rolle spielen kann und auch schon die Angewiesenheit auf die Begründung von Geschäftsbeziehungen im Falle sonst drohender schwerwiegender betriebswirtschaftlicher Nachteile den Tatbestand der relativen Marktbeherrschung erfüllen.
– Erweiterung des österreichischen Fusionskontrollrechts um das Prüfkriterium der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs: Künftig soll das so genannte „SIEC-Kriterium“ („Significant Impediment of effective Competition“) die Untersagung eines Zusammenschlusses ermöglichen, wenn ein wirksamer Wettbewerb erheblich behindert wird.