EuGH vom 8.12.2022
In der Entscheidung C-625/21 vom 8.12.2022 hat sich der Europäische Gerichtshof zu der Frage geäußert, was mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen passiert, die missbräuchliche Klauseln beinhalten. Der Entscheidung kommt zweifelsohne erhebliche Bedeutung zu.
Allgemeine Geschäftsbedingungen oder auch Formblätter dienen als Grundlage unzähliger Verträge und bieten dem Unternehmer, der diese verwendet, den Vorteil, die Rechtslage massenhaft zu seinen Gunsten abzuändern. Um Missbrauch zu verhindern, hat insbesondere der europäische Gesetzgeber erkannt, dass dem privatautonomen Gestaltungsspielraum Grenzen gesetzt werden müssen.
In diesem Sinne wurde der europäische Gesetzgeber aktiv und hat umfassende Schutzbestimmungen für Verbraucher erlassen. Entscheidende Bedeutung genießt bis heute die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Klausel-RL). Die Klausel-RL wurde im Wesentlichen im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) unter § 6 KSchG umgesetzt. Gelegentlich übersehen wird, dass die Klausel-RL auch im ABGB umgesetzt wurde.
Gemäß § 879 Abs 3 ABGB ist die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt. Dabei fällt auf, dass § 879 Abs 3 ABGB nicht „nur“ Verbraucher schützt, sondern auch Unternehmer im Verhältnis zu anderen Unternehmern.
Da § 879 Abs 3 ABGB die Rechtsfolge der Nichtigkeit anordnet, stellt sich die Frage, was konkret darunter zu verstehen ist. Denkbar wäre zum einen, dass bei der Verwendung auch nur einer nichtigen Vertragsklausel der gesamte Vertrag nichtig wäre; dies würde jedoch häufig dem Schutzzweck zuwiderlaufen. Soll doch gerade der Konsument vor dem stärkeren Vertragspartner geschützt werden, und nicht vor die komplizierte Rückabwicklung des Vertrages gestellt werden. Zu Recht geht die Judikatur daher davon aus, dass nur die jeweilige (nichtige) Klausel entfällt.