Mietrecht

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Mietkaution: Aktien statt Sparbuch und wem stehen Zinsen aus der Mietkaution zu?

Folgender Sachverhalt trug sich in Deutschland zu: Die Eltern der Klägerin legten 1960 eine Mietkaution in Höhe von 800 Mark, die gemäß den Vereinbarungen im Mietvertrag in eigene Aktien angelegt wurde. Im Mietvertrag war vereinbart, dass nach Beendigung des Mietvertrags der Vermieterin das Wahlrecht zukam, entweder die Mietkaution zum Nominalbetrag oder das Aktiendepot rückzustellen. Der Wert des Aktiendepots stieg über den Veranlagungszeitraum auf € 115.000,–. Dividenden wurden ausbezahlt. Nach Beendigung des Mietvertrags klagte die Mieterin auf Ausfolgung der Aktien. Sie obsiegte im ersten Rechtsgang (Amtsgericht Köln Az: 203 C 199/21). Wie ist die Rechtslage in Österreich?

Nach § 16b MRG, der im Vollanwendungsbereich und im Teilanwendungsbereich des MRG zur Anwendung kommt, hat der Vermieter eine Barkaution, die nicht bereits in Form eines Sparbuches erlegt wird, fruchtbringend auf einem Sparbuch zu veranlagen. Gleiches gilt für eine Überweisung des Kautionsbetrags auf das Konto des Vermieters. Andere Arten der Kautionsveranlagung sind zulässig, wenn sie eine gleich gute Verzinsung und – insbesondere durch Anwendbarkeit der gesetzlichen Einlagensicherung – eine gleich hohe Sicherheit wie eine Spareinlage bieten und wenn sie eine eindeutige Abgrenzung vom Vermögen des Vermieters und bei dessen Insolvenz eine Absonderung ermöglichen. Die Veranlagungspflicht dient dabei nicht nur dem Interesse des Mieters, sondern auch dem Interesse des Vermieters. Nach Ende des Mietvertrags hat der Vermieter die Kaution samt den erzielten Zinsen zurückzustellen, soweit sie nicht zur Tilgung von Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis herangezogen wird (§ 16b Abs 2 MRG). Übergibt der Mieter ein Sparbuch, muss sich der Vermieter nicht mehr um die Veranlagung kümmern. Ebenso zulässig ist eine Bankgarantie. Erfolgte keine Veranlagung der Barkaution durch den Vermieter, sind, soweit dem Mieter dadurch eine branchenübliche Verzinsung entgangen sein sollte, Schadenersatzansprüche denkbar.

Die Veranlagung der Barkaution in Aktien wäre somit nach österreichischem Recht nicht zulässig, weil Aktiendepots von der gesetzlichen Einlagensicherung gemäß § 7 ESAEG nicht erfasst sind. Aktiendepots verbleiben im Eigentum des Anlegers und sind in einem Sicherungsfall jederzeit auf ein anderes Depot zu übertragen. Sollte dies nicht möglich sein, greift die Anlegerentschädigung, die jedoch im Unterschied zur Einlagensicherung nur € 40.000,– statt € 100.000,– beträgt. Ob im vorliegenden Fall die Mieterin nach österreichischem Recht erfolgreich die Herausgabe der Aktien verlangten könnte, hängt vom Schutzzweck der verletzten Norm ab. Während die Kaution dem Schutz des Vermieters dient, schützt die Verpflichtung der fruchtbringenden Veranlagung nach den Kommentaren sowohl die Interessen des Mieters als auch die des Vermieters. Da der Mieter nach § 16b MRG nur Anspruch auf die Zinsen und nicht – wie in Deutschland – Anspruch auf die Erträge hat, verbleibt die Wertsteigerung der Aktien nach meinem Verständnis dem Vermieter, der aufgrund der Schadenersatzpflicht im Fall einer nicht branchenüblichen Veranlagung auch das Risiko fallender Kurse trägt.

Dr. Gabriele Meusburger-Hammerer, M.E.S, Stand 29.7.2022