OGH vom 24.3.2022 zu 9 Ob 4/22m
In der Entscheidung 9 Ob 4/22m vom 24.3.2022 äußerte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) zu den Themen „Handeln auf eigene Gefahr“ und „Gehen am kurzen Seil“. Gegenstand der Entscheidung war ein Sturz einer Seilschaft am Großglockner.
Am Unfalltag waren zwei Seilschaften im Rahmen einer Veranstaltung eines alpinen Vereines am „kurzen Seil“ unter Führung des Klägers unterwegs. Die vorausgehende Gruppe wurde von einem „Instruktor“ (Kläger) geführt; die dahinter gehende Gruppe von einem „Übungsleiter“ (Beklagten). Ein Bergführer war nicht dabei. Der (Seil-)Abstand zwischen den einzelnen Personen der Seilschaft betrug ca 5 bis 6 m; dies wurde dem Beklagten vom Kläger so vorgeschlagen. Schließlich kam ein Teilnehmer in der dahinter gehenden Seilschaft zu Sturz und konnte die Gruppe bzw der Beklagte den Sturz der Seilschaft nicht mehr verhindern. Durch den Sturz kollidierte der Beklagte mit dem Kläger und verletzte diesen erheblich. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Sturz dann hätte abgefangen werden können, wenn der (Seil-)Abstand stark verkürzt (1,5 bis 2m bzw 2,5 bis 3m) worden wäre. Auch ein gestaffeltes Absteigen und Sicherung an einem Fixpunkt hätte den Sturz verhindert.
Der OGH führte zusammengefasst aus, dass der Kläger auf eigene Gefahr gehandelt hat, weil er sich der ihm bekannten, wenn auch vom Beklagten geschaffenen Gefahr, ausgesetzt hat. Begründet wird dies damit, dass der Kläger selbst besser ausgebildet war (Instruktor gegenüber Übungsleiter), die Seiltechnik in dieser Form (Gehen am kurzen Seil) mit zu großen Abständen von ihm vorgeschlagen wurde und ihm hätte bekannt sein müssen, dass dies so jedenfalls nicht zulässig ist.