OGH-Entscheidung

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Hausdurchsuchung und Preisabsprachen

OGH als KOG vom 19.1.2023 zu 16 Ok 7/22 y

Das Kartellobergericht (KOG) hat in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung wichtige Aussagen zum Rechtsrahmen für Hausdurchsuchungen bei vermuteten Wettbewerbsverstößen (Kartellabsprachen, Marktmissbrauch) getroffen:

  • Nach ständiger Rechtsprechung darf die Hausdurchsuchung bei begründetem Verdacht einer Zuwiderhandlung gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften angeordnet werden. Der Verdacht muss sich dabei nicht gegen die Person richten, in deren Räumlichkeiten die Hausdurchsuchung angeordnet wird. Eine Hausdurchsuchung kann insbesondere auch gegenüber Konzerngesellschaften mit gleichem Sitz angeordnet werden.
  • Ein Verdacht ist begründet, wenn er sich rational nachvollziehen lässt. Ein „dringender“ Tatverdacht ist nicht erforderlich.
  • Bereits der Inhalt einer anonymen Anzeige kommt als eine Hausdurchsuchung rechtfertigende Tatsache grundsätzlich in Betracht.
  • Besteht – wie im vorliegenden Fall – der begründete Verdacht, dass ein Kartell trotz ausdrücklichen Verbots fortgesetzt wird, kann in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass die Anordnung einer Hausdurchsuchung unverhältnismäßig ist.
  • Zwischen den der Bundeswettbewerbsbehörde zustehenden Ermittlungsbefugnissen besteht auch keine hierarchische Ordnung. Insbesondere ist die Durchführung eines Auskunftsverlangens keine Voraussetzung für die Erlassung eines Hausdurchsuchungsbefehls. Eine Hausdurchsuchung ist geeignet und erforderlich, wenn nach zur Aufklärung geeigneten Informationsquellen gesucht oder die Vollständigkeit bereits vorhandener Unterlagen überprüft werden muss. Bei Vorliegen eines solchen Verdachts kann die Hausdurchsuchung somit auch als erstes Instrument zur Gewinnung von Beweismitteln eingesetzt werden.

Im hier beurteilten Fall ging es um den begründeten Verdacht verbotener Preis- und Mengenabsprachen beim Vertrieb von Holzpellets in Westösterreich. Ein von einer Hausdurchsuchung betroffenes Unternehmen hat gegen den Beschluss des Gerichtes über die Anordnung der Hausdurchsuchung Beschwerde an den Obersten Gerichtshof (OGH) eingelegt, was dem OGH Gelegenheit bot, den Rechtsrahmen für Hausdurchsuchungen zu präzisieren – eher zum Nachteil möglicherweise künftig betroffener Unternehmen.

Zur Entscheidung

Dr. Viktor Thurnher, LL.M., Stand 23.2.2023