OGH-Entscheidung

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Privatstiftungsrecht-Unwirksam eingerichteter Begünstigtenbeirat

OGH  vom 18.11.2022 zu 6 Ob 174/22 i

Nach ständiger Rechtsprechung des OGH darf ein Vorstand einer Privatstiftung durch zB einen Begünstigtenbeirat nicht „zu einem bloßen Vollzugsorgan“ degradiert werden. Der Beirat darf grundsätzlich (durch Vereinbarung von Zustimmungsrechten) auch aufsichtsratsähnlich eingerichtet werden. Allerdings sind dann die Unvereinbarkeitsbestimmungen zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach § 23 Abs 2 Satz 2 PSG analog anzuwenden. Begünstigte oder deren Angehörige dürfen nicht die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder stellen.

In dem vom OGH zu beurteilenden Sachverhalt (OGH vom 18.11.2022, 6 Ob 174/22 i) wurde zugunsten des Begünstigtenbeirats (bestehend aus der einzigen Begünstigten) ein umfassender Katalog von zustimmungspflichtigen Rechtsgeschäften in der Stiftungsurkunde vorgesehen. Dieses Zustimmungsrecht sollte sich in ein Anhörungs- und Empfehlungsrecht wandelt, wenn und solange das vorgesehene Zustimmungsrecht gegen zwingende Bestimmungen des Privatstiftungsgesetzes und/oder deren Auslegung durch den OGH verstößt. Das zuständige Erstgericht verweigerte die Eintragung der beabsichtigten Änderung der Stiftungsurkunde in das Firmenbuch mit dem Argument, dass ein aufsichtsratsähnlicher Beirat vorliege und die Unvereinbarkeitsbestimmungen analog anzuwenden seien.

Der OGH bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichts. Die zulässige Einrichtung eines Organs erfordere die grobe Umschreibung der Kompetenzen dieses Organs in der Stiftungsurkunde. Durch die vereinbarte „Wandlungsklausel“ sei aber offen, ob dem Beirat bloße Anhörungs- oder doch Zustimmungsrechte zukomme, sodass der Beirat nicht wirksam als Organ eingerichtet sei.

Die vorliegende Entscheidung wirft weitreichende Fragen für die Praxis auf. Wurde der Beirat in der Stiftungsurkunde nicht ordnungsgemäß errichtet und fällt zB die Bestellung des Stiftungsvorstands in die Kompetenz des Beirats, ist unklar, welche Auswirkungen die Bestellung durch ein nicht wirksam errichtetes Organ auf die zwischenzeitlich gefassten Stiftungsvorstandsbeschlüsse hat. Die Eintragung der Stiftungsurkunde in das Firmenbuch heilt eine unklare Stiftungsurkunde jedenfalls nicht. Sofern sich der oder die Stifter das Änderungsrecht vorbehalten haben, sind Stifter gut beraten, die Stiftungsurkunde in Bezug auf die ordnungsgemäße Errichtung des Beirats zu überprüfen und die Stiftungsurkunde gegebenenfalls anzupassen.

Zur Entscheidung

Dr. Gabriele Meusburger-Hammerer, M.E.S. , Stand 28.2.2023