OGH vom 24.8.2022 zu 7 Ob 121/22b
In der Entscheidung 7 Ob 121/22b vom 24.8.2022 äußerte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) zu der Frage, ob rechtswidrig erlangte Beweise in einem Zivilprozess verwertet werden dürfen, und setzte sich umfassend mit der vorliegenden Judikatur und Literatur auseinander.
Gegenstand der Entscheidung war ein handfester Nachbarschaftsstreit, der dazu geführt haben soll, dass die Nachbarin (Antragstellerin) von ihrem Nachbarn (Antragsgegner) mit einer Spitzhacke attackiert und nicht unerheblich verletzt wurde. Im folgenden Verfahren begehrte die Antragstellerin, das Gericht möge dem Antragsgegner (1) den Aufenthalt auf ihrem (näher bezeichneten) Grundstück sowie (2) sich ihr auf weniger als 10 m zu nähern, verbieten (einstweilige Verfügung).
Die Antragstellerin hatte den Vorfall mit ihrem Mobiltelefon gefilmt und legte als Bescheinigungsmittel für ihren Antrag unter anderem einen USB-Stick mit dem „Tat-Video“ sowie daraus hergestellte Standbilder vor. Der Antragsgegner beantragte die Abweisung der einstweiligen Verfügung und brachte im Wesentlichen vor, er habe die Antragstellerin nicht attackiert und sich gegen das Filmen und Fotografieren ausdrücklich ausgesprochen. Das nun vorliegende „Tat-Video“ sei daher gemäß § 12 DSG rechtswidrig erstellt worden und dürfe dieses im Verfahren nicht verwertet werden. Das Erstgericht folgte den Ausführungen des Antragsgegners und wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab.
Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluss auf und verwies die Sache zur Verfahrensergänzung zurück an das Erstgericht; dieses habe nämlich die (rechtswidrig erlangten) Bescheinigungsmittel sehr wohl zu verwerten, weil die Art und Weise der Erlangung eines Beweismittels keine Auswirkungen auf die Verwertbarkeit habe. Das Rekursgericht nahm eine Trennung zwischen Beweisermittlungsverbot und Beweisverwertungsverbot vor und ließ den Rekurs zu, weil eine Grundsatzentscheidung des OGHs zu dieser Frage fehle.