Das Corona-Virus und die zur Eindämmung getroffenen Beschränkungsmaßnahmen stellen Unternehmen vor immense wirtschaftliche Herausforderungen. Der eingeschränkte Geschäftsbetrieb, der Rückgang von Kundenaufträgen, abrupt eingetretene Liefer- und Produktionsschwierigkeiten oder der plötzliche Zahlungsverzug oder Zahlungsausfall des eigenen Kunden können auch bei erfolgreichen Unternehmen zu Liquiditätsengpässen und im Extremfall zur Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung führen.
Auch während der aktuellen Ausnahmesituation darf die Pflicht zur Einbringung eines Insolvenzantrages bei Vorliegen der Insolvenzgründe (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) nicht in Vergessenheit geraten. Darauf ist in Anbetracht der drohenden persönlichen Haftungen für Geschäftsführer und Vorstände gerade in diesen Zeiten sorgfältig zu achten.
Verlängerte Insolvenzantragsfrist
Grundsätzlich besteht die Verpflichtung, spätestens 60 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung, ohne schuldhaftes Zögern, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Voraussetzung für die Unternehmensfortführung während dieser 60 Tage ist jedoch, dass ein ernsthafter Sanierungsversuch unternommen wird und dieser zu diesem Zeitpunkt aussichtsreich erscheint.
Nach § 69 Abs 2a IO wird die 60-Tagesfrist auf 120 Tage verlängert, wenn der Insolvenzgrund auf Grund einer „Naturkatastrophe“ eingetreten ist. Zu den Naturkatastrophen zählen auf Grund des 2. COVID-19-Gesetzes nunmehr auch ausdrücklich eine Epidemie und Pandemie – folglich auch die Corona-Pandemie. Zweck der verlängerten Frist bei derartigen Ereignissen ist, lebensfähigen und sanierungswürdigen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, Förderungen und Überbrückungshilfen in Anspruch zu nehmen, um den eigenen Zahlungsverpflichtungen wieder nachkommen zu können.
Achtung: Wäre die Insolvenz eines Unternehmens auch ohne die Corona-Krise in Österreich eingetreten, greift die 120-Tagesfrist nicht. In diesen Fällen ist bei Scheitern eines Sanierungsversuches unverzüglich, spätestens nach 60 Tagen, ein Insolvenzantrag einzubringen. Werden keine Sanierungsbemühungen angestrengt oder sind diese von vorneherein aussichtslos, besteht die Verpflichtung, unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen.
Während der 120-Tagesfrist gilt es – für den Fall des Scheiterns der Unternehmenssanierung und der unausweichlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens – alle Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen (Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung). Im Hinblick auf eine allfällige Insolvenzverschleppung und der damit einhergehenden zahlreichen persönlichen Haftungsmöglichkeiten von Geschäftsführern (etwa § 67 Abs 10 ASVG für Sozialversicherungsbeiträge, § 9 Abs 1 BAO für Abgaben, § 25 GmbHG bzw § 84 AktG für Vermögensschmälerung, § 69 Abs 5 IO für Quoten- und Vertrauensschäden, § 159 StGB als strafrechtliche Verantwortlichkeit) dürfen wichtige Geschäftspartner nicht bevorzugt und andere Gläubiger hintangehalten werden.
Die 60- und 120-Tagesfrist sind Höchstfristen. Auch ein sanierbares Unternehmen ist verpflichtet, mangels Wegfalls der Insolvenzgründe, nach Fristablauf einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens einzubringen. In solchen – in diesem Moment aussichtslos erscheinenden – Situationen bietet sich oftmals auch die Durchführung eines Sanierungsplanverfahrens an.