COVID-19 Rechtskategorie Zufall

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COVID-19 Die Rechtskategorie Zufall

In Zeiten einer angeblich noch nie dagewesenen Krise wie der gegenwärtigen Corona-Pandemie begegnet uns ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis, das neben seinen vielfältigen Auswirkungen auf die Lebensumstände der Menschen und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch einige Rechtsfragen aufwirft:

– Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf vertragliche Verpflichtungen?

– Welche Konsequenzen hat die Pandemie überhaupt für ein spezifisches Vertragsverhältnis?

– Wer hat für einen aus der Pandemie resultierenden Schaden einzutreten?

Neben den zahlreichen Anordnungen, die der Gesetzgeber in den Anlassgesetzen (in der Regel mit Ge- und Verboten) trifft oder welche die hierzu ermächtigten Verwaltungsbehörden aufgrund der gesetzlichen Ermächtigungen erlassen (siehe dazu unsere Übersicht Covid-19 – Maßnahmen), fragen sich viele Unternehmer und andere betroffene Personen wie es mit ihren Vertragsverhältnissen steht und weiter geht.

In den Medien wurden bereits mehrfach die unmittelbar anstehenden Themen erörtert, insbesondere die Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse (siehe dazu unsere Beiträge COVID-19 Arbeitsrechtliches und COVID-19 Kurzarbeit) oder auf Mietverhältnisse (siehe dazu unseren Beitrag COVID-19 Mietrecht) oder auch die Anzeige der Beeinträchtigung der Vertragserfüllung (wenn zum Beispiel Bauaufträge oder andere (Werk-)Aufträge aufgrund der behördlichen Maßnahmen nicht zu Ende geführt werden können oder ausgesetzt werden müssen.

Im Folgendem finden Sie ohne Anspruch auf Vollständigkeit eine kurze Übersicht über einzelne Bestimmungen im Zivil- und Unternehmensrecht, die sich mit den Folgen des Zufalls befassen.

Der Zufall im Recht

Ein alter Rechtsgrundsatz ist, dass jeder seinen Schaden selbst zu tragen hat: „Der Zufall trifft denjenigen, in dessen Vermögen oder Person er sich ereignet“ (§ 1311 ABGB). Diese Regel war schon im römischen Recht bekannt (casum sentit dominus) und die Römer hatten von den Griechen gelernt … (wer Zeit und Muße zum Nachdenken hat, dem sei die Lektüre von Barta, Die Entstehung der Rechtskategorie Zufall, in Barta/Mayer-Maly/Raber, Lebend(ig)e Rechtsgeschichte (2005) 16 ff und insbesondere sein Meisterwerk Graeca non leguntur, dort Bd. II/1 (2011) 130 ff empfohlen).

 Das Gesetz ordnet das Risiko eines zufälligen Ereignisses in mehreren Fällen einer Person oder einem Vertragspartner konkret zu. So hat der Schädiger auch für den Zufall einzutreten, wenn er diesen durch ein Verschulden veranlasst hat (§ 1311 Satz 2 ABGB). Ist der Zufall vom Schuldner zu vertreten, kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz fordern (§ 920 ABGB). Der Verwahrer haftet dem Hinterleger nicht für den zufälligen Schaden an der verwahrten Sache (§ 964 ABGB), es sei denn, er hat sie bei einem Dritten ohne Not in Verwahrung gegeben (§ 965 ABGB). Zufallsregeln kennt außerdem das Mietrecht (§ 1104 ABGB, § 1117 ABGB), das Werkvertragsrecht (§ 1168a ABGB), das Pfandrecht (§ 460 ABGB) oder das Zessionsrecht (§ 1398 ABGB). Auch „höhere Gewalt“ hat Eingang in manche Gesetze gefunden etwa in das Haftpflichtrecht (§ 9 EKHG) oder in das Konsumentenschutzgesetz (§ 31d KSchG im Zusammenhang mit der Stornierung von Reiseveranstaltungsverträgen).

Von Bedeutung im Vertragsrecht ist der zufällige Untergang der Sache oder die zufällige Unmöglichkeit der Leistung, die den Schuldner von seinen Pflichten befreit (§ 1447 ABGB,). Mit dieser Bestimmung im unmittelbaren Zusammenhang steht die Lehre vom „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ (näher dazu der Beitrag COVID-19 Vertragsrecht).

 

Bleiben Sie informiert

Das Team der TWP Rechtsanwälte berichtet Ihnen in den kommenden Tagen und Wochen über aktuelle und alte Fälle aus dem Rechtsleben, die Ihnen als Einstiegshilfe bei der Beurteilung von Vertragsverhältnissen oder Lebenssachverhalten in der gegenwärtigen Krisensituation dienen mögen.

 

Bleiben Sie informiert und vertrauen Sie in dieser für uns alle so schwierigen Zeit auf Ihre verlässlichen TWP-Ratgeber. Gemeinsam werden wir die Krise meistern und gemeinsam werden wir uns unser selbstbestimmtes Leben wieder erarbeiten. Wir wollen das nicht dem Zufall überlassen!

 

 

(Dr. Viktor Thurnher, Stand 27.3.2020)